Verwendung von Luftbildauswertungen
für ein
Biotopmanagementsystem
in Hoyerswerda
Manuskript des Vortrages
für die Tagung
"Ergebnisse der CIR-Biotoptypen- und Landnutzungskartierung
und ihre Anwendungsmöglichkeiten in der Naturschutzpraxis"
24.09.1996, Hygienemuseum Dresden
PUNCTUM
Rombach & Steinwarz
Büro für ökologische Fachfragen
Apolloniaweg 6
53773 Hennef-Stein
Dipl.-Biol. Ralf Rombach
1 Einleitung
Ökologische Daten werden in einem hochindustrialisierten Land wie die Bundesrepublik
Deutschland für die vorsorgende Umweltsicherung und Umweltgestaltung immer wichtiger.
Dieser Trend findet auch in der Gesetzgebung des Bundes und der Länder auf zahlreichen
Ebenen seinen Niederschlag. Als Beispiele seien genannt
Bundesnaturschutzgesetz und Landesnaturschutzgesetze
Wasserhaushaltungsgesetz und Landeswassergesetze
Bundesimmissionsschutzgesetz
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz
Flurbereinigungsgesetz
Bundeswaldgesetz und Landesforstgesetze
Raumordnungsgesetz
Baugesetzbuch
u.a.m..
Diese Tendenz der gesetzgeberischen Berücksichtigung der Belange von Natur und Landschaft wird sich auch trotz derzeitiger Rückschläge, ausgelöst durch "Rezession" und "Aufbau
Ost" letztendlich weiter fortsetzen, da der Mensch für sein langfristiges Überleben auch und
insbesondere auf eine intakte, nachhaltig gesicherte Umwelt angewiesen ist.
Es zeigt sich dabei auch, daß die Berücksichtigung der Umweltbelange im weiteren Sinne ein
planerisches, also mehr ein zukunftsorientiertes Ziel ist, unabhängig von Altlastensanierung
oder Industrieflächenrecycling.
Eines der Hauptprobleme ist die Erhebung und vor allem die Verarbeitung sowie Bereitstellung umweltbezogener Daten für die Planungspraxis. Viele Aspekte sind insgesamt zu
berücksichtigen, von denen ebenfalls einige Beispiele genannt seien:
Klimadaten, insbesondere Luftschadstoffe und klimatisch belastete Zonen
Gewässerdaten, insbesondere Gewässergüte, Verschmutzung und Einleitungen aus Industrie, Gewerbe, Verkehr und Privathaushalten
Arten und Biotope
Für die Planung auf allen Ebenen (Raumordnung, UVP, Flächennutzungs-, Landschafts- und
Bauleitplanung) ist ein strukturiertes Vorgehen unerläßlich, welches sich im wesentlichen aus
drei aufeinanderfolgenden Stufen zusammensetzt:
1) Datenerhebung
2) Aufbereitung und Verarbeitung der Daten (heute meist mit EDV)
3) Einbindung / Berücksichtigung der Daten in der Planungspraxis
Auf allen Stufen gibt es dabei methodische Probleme zu bewältigen. Wir wollen uns im
folgenden ausschließlich mit dem Bereich des Arten- und Biotopschutzes im weiteren Sinne
beschäftigen, da dies letztendlich der umfassende Rahmen für das Thema der Luftbildauswertungen ist.
2 Warum Luftbildkartierung ?
2.1 Die klassische Biotopkartierung
Die Bereitstellung von Daten aus dem Bereich des Arten- und Biotopschutzes für die Planung
ist prinzipiell Aufgabe der Biotopkartierung. Die Biotopkartierung im klassischen Sinne setzt
sich dabei wiederum aus verschiedenen Stufen zusammen:
a) Datenerhebung vor Ort
b) Datenauswertung
c) Verarbeitung und Bereitstellung der erhobenen Daten
Zu a) Datenerhebung vor Ort
Die Datenerhebung vor Ort setzt eine Begehung des zu kartierenden Gebietes durch
entsprechend ausgebildete Fachkräfte voraus. Dabei wird im wesentlichen eine Biotoptypenkartierung, bei genauer Kartierung eine Erhebung von Flora und Vegetation
durchgeführt. Zoologische Daten beschränken sich zumeist auf Zufallsbeobachtungen,
da genauere zoologische Erhebungen je nach Tiergruppe sehr zeitaufwendig sind.
Zu b) Datenauswertung
Die Datenauswertung beinhaltet in der Regel eine Zusammenstellung und Überarbeitung der Daten für die nachfolgende automatische Datenverarbeitung und eine
Bewertung durch die Bearbeiter hinsichtlich der Schutzwürdigkeit der kartierten
Flächen.
Zu c) Verarbeitung und Bereitstellung der Daten
Die Verarbeitung der Daten erfolgt heutzutage meist durch Übernahme in ein elektronisches Datenbanksystem und diese können je nach Ausgestaltung der Datenbank
unter verschiedenen Aspekten ausgewertet werden. Wichtigster Aspekt ist die Bereitstellung der Daten für die Planungspraxis, also die Zugänglichkeit für fachinterne,
aber auch fachfremde Interessenten. Neben klassischen Naturschutzaufgaben wie
Landschaftsplanung oder Schutzgebietsausweisung sind die Daten im wesentlichen
für alle Planer und weiter gefaßt, für alle Eingriffsverursacher, von Bedeutung.
Konkrete Beispiele wären Straßen- und Eisenbahnbau, Wasserbau, Ver- und Entsorgungsnetze (also Infrastrukturmaßnahmen im weiter gefaßten Sinn), kommunale
Bauleitplanung, Flurbereinigung und letztendlich auch die Forsteinrichtung, obwohl
gerade in diesem Bereich meines Erachtens nach noch vielfältige Defizite bestehen.
Bei der klassischen Biotopkartierung, deren Ablaufschema zuvor kurz skizziert wurde,
lassen sich noch zwei Bearbeitungsansätze unterscheiden. Die flächendeckende Kartierung
geht von einer möglichst vollständigen Kartierung der jeweiligen Bearbeitungsgebiete aus.
Die selektive Biotopkartierung erfaßt im wesentlichen Biotope oder Wahrscheinlichkeitsvorkommen, die aus vor der Kartierung vorhandenen Daten ausselektiert werden. Vorhandene
Daten sind Publikationen, Befragung Ortskundiger und insbesondere die Berücksichtigung
von Luftbildern und Kartenmaterial (z.B. zur Geologie und zum Boden).
Beide Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile. Der flächendeckende Kartierungsansatz ist
mit Sicherheit hinsichtlich der Datenerhebung und Datenaufbereitung sehr zeitaufwendig,
liefert dafür aber auch aktuelle und bei entsprechender Kenntnis der Kartierer sehr gute
Ergebnisse. Meines Wissens nach verfolgt das Land Rheinland-Pfalz als einziges der Bundesländer ein annähernd flächendeckendes Kartierungsverfahren. Die selektive Kartierung setzt
bei genauerer Betrachtung ihr Kartierungsraster durch vorherige Auswahl der Flächen etwas
gröber. Konkret heißt dies, daß die Zeit für die Datenerhebung und Datenaufbereitung
insgesamt geringer ist. Die selektive Biotopkartierung liefert daher schneller planungsrelevante Daten.
2.2 Zur Situation der ökologischen Kartierung in den neuen Bundesländern
Nach der Wiedervereinigung setzte in den neuen Bundesländern seitens der öffentlichen Hand
und auch seitens vieler privater Investoren stellenweise ein erheblicher Druck auf den Freiraum ein. Dieser brachte und bringt die Gefahr von erheblichen Verlusten der Qualität von
Natur und Landschaft mit sich, bis hin zu großen Einbrüchen im Arten- und Biotopbestand.
Dieser Entwicklung kann der Naturschutz kaum etwas relevantes entgegensetzen und dies aus
mehreren Gründen:
a) Die ökologisch relevanten Daten sind sehr weit gestreut und oft nur schwierig zugänglich.
b) Die Daten liegen nicht in einer planungsrelevant aufbereiteten und schnell abrufbaren Form vor.
c) Die Datenerhebung erfolgte zu Zeiten vor der Wiedervereinigung nicht parzellenscharf genug.
d) Das zugrunde liegende Kartenmaterial ist zu unscharf (Abgrenzungen, Maßstab).
e) Es besteht ein Mißverhältnis zwischen den Mitarbeitern der Landschaftsbehörden / Naturschutzbehörden und den "Eingriffsverursachern".
f) Die Geschwindigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung und damit der landschaftlichen
Veränderungen ist sehr hoch, was einen akuten Handlungsbedarf auch im Sinne des
Naturschutzes und der Landschaftspflege nach sich zieht.
Zu a) Die Annahme, daß die ostdeutschen Länder einen hinsichtlich der ökologischen
Erforschung schlechteren Stand als die westlichen Länder haben, ist ein eindeutiger
Trugschluß. Ohne verallgemeinernd werden zu wollen, sind manche Gebiete hinsichtlich Flora, Vegetation und Fauna deutlich besser erforscht als Landschaften der
westlichen Bundesländer. Dies gilt mit Sicherheit für die Entomologie, wo viele für
ganz Mitteleuropa führende Arbeiten aus der ehemaligen DDR stammen (Reihe
"Beiträge zur Insektenfauna der DDR" in der Zeitschrift Beiträge zur Entomologie).
Das Problem für die Planungspraxis besteht darin, daß viele exzellente Arbeiten in
kaum bekannten Zeitschriften publiziert wurden und zudem viele der Arbeiten unzugänglich in Bibliotheken "verstauben". Beispielsweise hat die Bundesanstalt für
Gewässerkunde eine eigene große Literaturrecherche mit Auswertung ostdeutscher
Bibliotheken bezüglich ökologischer und vegetationskundlicher Arbeiten für die Elbe
in Auftrag gegeben (Biewald et al. 1995). Wenige der planerisch tätigen Menschen
unterziehen sich der Mühe einer umfangreichen und zeitaufwendigen Literaturrecherche, so daß viele der vorhandenen Daten nicht in aktuelle Planungen integriert werden.
Zu b) Als nächstes ist die weitgehend fehlende oder unter heutigen Ansätzen unzureichende
Aufbereitung der Daten mittels EDV-Datenbanksystemen anzusprechen. Oft besitzen
die jeweils zuständigen Naturschutzbehörden über keine oder nur unzureichende
Kenntnisse von schutzwürdigen oder schutzfähigen Biotopen. Ein abrufbares Datenbanksystem ist insgesamt erst im Aufbau.
Zu c) Die Datenerhebung erfolgte früher nach meiner Erfahrung oft nicht flächenscharf
genug, d.h. eine parzellenscharfe Zuordnung von beschriebenen Biotoptypen / Pflanzengesellschaften ist heute kaum noch möglich. Damit sind aber auch Veränderungen
in Natur und Landschaft nur schwierig zu erfassen und zu dokumentieren.
Zu d) Eng gekoppelt mit dem vorigen Punkt ist die Qualität des Kartenmaterials, welche oft
bei der Abgrenzung von erhaltenswerten Biotopen im Gelände erhebliche Probleme
bereitet. Ohne Vergleiche mit Luftbildern ist man als Planer oft mehr mit Abgrenzungsschwierigkeiten beschäftigt als mit tatsächlichen gebietsbezogenen Maßnahmen
und Planungen.
Zu e) Das Mißverhältnis zwischen Vertretern des Naturschutzes und den "Eingriffsverursachern" ist größer als allgemein angenommen. Im Durchschnitt der westlichen
Bundesländer stehen auf Kreisebene drei bis vier Vertreter der Landschafts- oder
Naturschutzbehörden 96 Eingriffsverursacher gegenüber (Pretscher, mdl. Mitt.).
Auch hieraus erklärt sich der hohe Druck, der auf Natur und Landschaft besteht, da
der Naturschutz bei dieser personellen Ausstattung zumeist nur reagieren und nicht
selbst planerisch tätig werden kann.
Zu f) Als letzter und mit Sicherheit wichtigster Aspekt muß die Geschwindigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung angeführt werden, die insgesamt gesehen deutlich schneller
abläuft als dies beispielsweise der für den Arten- und Biotopschutz mit enorm großen
Verlusten verbundene Wiederaufbau der westlichen Bundesländer nach dem 2. Weltkrieg der Fall war.
3 Einsatz der Luftbildauswertung beim Biotopmanagementplan Hoyerswerda
3.1 Ausgangslage
1993 erwuchs, ausgehend von mehreren akuten Artenschutzproblemen, die bei Bauleitplanungen auftraten, die Erkenntnis, daß ohne vertiefende landschaftsökologische Planungen
auch auf kommunaler Ebene sich der Bestand an Arten und Biotopen in Hoyerswerda kaum
auf Dauer sichern lassen wird. Die üblichen planerischen Instrumente, also insbesondere
Landschaftsplanung und Schutzgebietsausweisung sind aus verschiedenen Gründen kaum in
der Lage, den negativen Entwicklungstrend in Natur und Landschaft zu beeinflussen. Dies
liegt letztendlich daran, daß die genannten Instrumente oft nicht progressiv, also vorausschauend eingesetzt werden, sondern in der Regel erst zum Tragen kommen, wenn andere
planerische Zugriffe (z.B. Flächennutzungsplanung) schon weit fortgeschritten sind. So
befindet sich ein Landschaftsplan für Hoyerswerda noch nicht in Erstellung, was u.a. mit
unzureichenden Förderprogrammen zusammenhängt. Dies ist nicht nur ein Problem der Stadt
Hoyerswerda, sondern gilt für viele Kommunen und Kreise (Träger der Landschaftsplanung
in Nordrhein-Westfalen) in der Bundesrepublik Deutschland.
3.2 Konzeption des Biotopmanagementplanes
Das Maßnahmenprogramm (Biotopmanagementplan) ist wie folgt konzipiert:
flächendeckende Erfassung und Bewertung von Natur und Landschaft
Die flächendeckende Erfassung war vorgesehen, um die entsprechende Datengrundlage für planerische Konzepte zu erarbeiten. Sie sollte zum einen biotoptypenspezifisch
flächendeckend erfolgen, zum anderen für erkennbar bedeutsame Biotope genauere
Daten zu Flora und Fauna liefern. Integriert in diesen Teil der Projektbearbeitung ist
eine umfangreiche Literaturrecherche für das Gebiet, wobei der Schwerpunkt auf
früheren Bearbeitungen der Elsteraue und der Sanderflächen außerhalb der Auengebiete liegt. Parallel wurde die Geologische Karte von 1924, die hinsichtlich der
Biotoptypen (z.B. Sanddünen, Flachmoore, Zwischenmoore, Hochmoore) gute
Abgrenzungsmöglichkeiten ergab, im Vergleich mit der TK 25 von 1992 flächenbezogen ausgewertet, woraus sich konkrete Daten über den Rückgang einzelner Biotoptypen"gruppen" ableiten lassen.
Erhaltungskonzept (Abgrenzung von Erhaltungs- und Entwicklungsgebieten)
Das Erhaltungskonzept ist ein erster Schritt der Umsetzung der erhobenen Daten. Es
werden Schwerpunkträume mit vorhandenem oder reaktivierbarem ökologischen
Potential ausgegrenzt und hierfür die zu ergreifenden Maßnahmen im Grundsatz
konzipiert. Dabei sind Abstimmungen mit anderen raumrelevanten Planungen anzustreben, insbesondere der Flächennutzungsplanung und den Planungen für Verkehrstrassen. Als Beispiel für ein Erhaltungs- und Entwicklungsgebiet sei die Elsteraue genannt, wo noch einige Gebiete mit sehr guter ökologischer Ausstattung
vorhanden sind (wechselfeuchtes Grünland, Feucht- und Naßwiesen, Großseggenriede, Auenwaldbestände). In früheren Zeiten war die gesamte Aue fast flächendeckend
in Grünlandnutzung verschiedener Ausprägung (flächenbezogene Auswertung 1924),
die über viele Jahrzehnte rückläufig war.
Maßnahmenprogramm, bezogen auf einzelne schutzwürdige und pflegebedürftige Biotope
Nach der Abgrenzung der zu erhaltenden und entwickelnden Gebiete ist ein grundsätzliches Maßnahmenprogramm zu entwickeln, d.h. die landschaftspflegerisch bedeutsamen Nutzungs- und Entwicklungsziele sind zu definieren. Für das Beispiel der
Elsteraue ist als grundsätzliches Ziel die Entwicklung eines offenen, grünlanddominierten Auenbereiches zu definieren, was sich leicht aus der historischen Situation
ableiten läßt. Seit 1924 ging der Anteil des Grünlandes im gesamten Auenbereich um
mehr als 90 % zurück. Heute dominierende Nutzungen sind Ackerbau und baulich
erschlossene Gebiete, insbesondere die Neustadt von Hoyerswerda, die in einem
größeren Flachmoor- und Feuchtwiesenbereich angelegt wurde.
Abstimmungen der Maßnahmen mit den zuständigen Behörden, Öffentlichkeitsarbeit
Die grundsätzliche Konzeption ist mit den zuständigen Behörden, also insbesondere
Naturschutzbehörden, Stadtplanung, Landwirtschaftsbehörden und evtl. Forstbehörden
anzustimmen, um die konkrete Umsetzung der Maßnahmen vorzubereiten.
Ausarbeitung der konkreten Maßnahmen bis hin zu Pflegeverträgen mit den Grundeigentümern und Klärung der Förderungsmöglichkeiten
Der vorläufig letzte Schritt ist die flächenkonkrete Konzeption der Maßnahmen. Als Beispiel sei wiederum die Elsteraue angeführt, wo Maßnahmen für die Erhaltung feuchtem bis nassem Grünland erforderlich sind und die Benennung von Flächen für die Neuanlage von Grünland. Dabei sind die standörtlichen Gegebenheiten, insbesondere Bodenfeuchte, Überschwemmungsmöglichkeiten, Intensität der derzeitigen Nutzung hinsichtlich der Grünlandentwicklung (Ansaatmischungen oder "gelenkte" Sukzession ohne Ansaat) zu berücksichtigen. An einigen Stellen sind wasserbauliche Maßnahmen erforderlich, z.B. der Durchstich von Deichen, um die Überschwemmungsmöglichkeiten wieder zu reaktivieren. Hierzu sind die erforderlichen Planungen abzustimmen und vorzubereiten.
Ohne die Mitwirkung der Eigentümer ist die Umsetzung von landschaftspflegerischen
Maßnahmen kaum durchsetzbar, zudem die Akzeptanz eines Naturschutzprojektes
direkt von der Einbindung der Eigentümer und bei Biotoptypen der Kulturlandschaft
von der Einbindung der Landwirtschaft abhängt. Daher werden in Abstimmung mit
der Stadt Hoyerswerda derzeit Gespräche mit den Eigentümern durchgeführt, um die
grundsätzliche Bereitschaft zu klären und auch die Möglichkeiten des Mitteleinsatzes
von Förderprogrammen darzustellen, was die Akzeptanz meistens erhöht. Pflegeverträge und Anträge auf Förderung nach dem Kulturlandschaftsprogramm und forstwirtschaftliche Fördermaßnahmen sind in Vorbereitung. Auf städtischen Flächen kann ein
Teil der Maßnahmen schon in Kürze in Realisierung gehen.
3.3 Kartierungsbedarf
3.3.1 Grundlagen
Als Grundlage für ein derartiges Programm sind zuerst Kenntnisse der naturräumlichen und
ökologischen Situation erforderlich. Dabei werden unterschiedliche vorhandene Unterlagen
hinsichtlich der Relevanz für den Arten- und Biotopschutz ausgewertet. Zu nennen sind
Flächennutzungsplan
Dieser legt die grundsätzlichen Entwicklungsziele einer Kommune fest. Sich abzeichnende Konflikte zwischen der Stadtplanung und der Landschaftsplanung können auf
dieser behördenverbindlichen Stufe evtl. im Vorgriff auf die verbindliche Bauleitplanung ohne Entschädigungsansprüche ausgeräumt werden.
Fachbeiträge zu Bebauungsplänen
Die Fachbeiträge zu Bebauungsplänen liefern eine erste Datengrundlage mit aktuellen
Erhebungen vor Ort für einzelne Gebiete.
vorhandene Grünrahmenpläne
Für einige Gebiete der Stadt Hoyerswerda liegen sogenannte Grünrahmenpläne vor,
die hinsichtlich Ziele des Biotopmanagementplanes zu prüfen und evtl. zu integrieren
sind.
historische Auswertung anhand der Geologischen Karte von 1924
Die historische Auswertung anhand der geologischen Karte des Meßtischblattes Hoyerswerda von 1924 (Preußische Geologische Landesanstalt 1924) liefert die Grundlagen
a) des früheren Biotoptypenbestandes
b) des naturräumlichen Potentials
c) die räumlichen Abgrenzungen für Entwicklungsflächen
Literaturrecherche auch "alter" Bearbeitungen
Um den zuvor genannten früheren Biotoptypenbestand mit "genaueren Inhalten" zu
füllen, erfolgt eine Literaturrecherche von ökologisch ausgerichteten Arbeiten. Diese
Auswertung kann z.B. das Spektrum der früher vorhandenen Pflanzengesellschaften
als Ziel haben, die dann den einzelnen Abgrenzungen aus der geologischen Karte, die
im Grundsatz mit Ausnahme der Braunkohlentagebaugebiete auch heute noch gelten,
zugeordnet werden können. Als Beispiel seine die sogenannten Sandfelder (Dünengebiete) genannt, die die potentiellen Wuchsorte des Winterlieb-Waldkiefern-Steppenwaldes (Pyrolo-Pinetum sylvestris - bei festgelegten Dünen), von Silbergrasfluren
(Spergulo morisonii-Corynephoretum canescentis) und von Grasnelken-Schwingelgras-Trockenrasen (Armerio elongatae-Festucetum trachyphyllae) sind. Die frühere schwerpunktmäßige Verbreitung der Gesellschaften liefert im Grundsatz schon das Maßnahmenkonzept, da es keinen Sinn macht, Biotoptypen entgegen den naturräumlichen
Vorgaben zu entwickeln.
3.3.2 Örtliche Begehungen
Zu Beginn des Projektes standen außer dem Landschaftsrahmenplan lediglich Einzelerhebungen im Rahmen einzelner Bebauungs- und Grünrahmenpläne zur Verfügung. Daher wurde zur
Grundlagenerhebung eine möglichst flächendeckende Kartierung vorgesehen. Hierbei sollten
neben den Biotoptypen auf einem vegetationskundlichen Raster auch Einzelerhebungen
besonders gefährdeter Arten (s.u.) erfolgen, um den Lebensraumbedarf dieser Arten für ihr
langfristiges Überleben klären zu können. Dies erforderte eine umfangreiche und genaue
Kartierung des Gebietes, wobei auch zoologische Aspekte entsprechende Berücksichtigung
erfahren sollten.
3.3.3 Einsatz der CIR-Luftbildkartierung
Leider stellte sich bei den Arbeiten im Gelände schnell heraus, daß die kartographische
Abgrenzung von Biotoptypen auf dem vorhandenen Kartenmaterial im Maßstab 1:10.000
erhebliche Probleme bereitete, was zum einen an der für ökologische Zwecke unzureichenden
Kartengrundlage, zum anderen an oftmals unklaren und nicht parzellenscharfen Nutzungsgrenzen im Gelände lag. Karten in größeren Maßstäben (z.B. 1:25.000) sind für derartige
Kartierungen noch weniger geeignet. Für zusammenfassende Auswertungen und Darstellungen sind sie als Übersicht verwendbar. Die Stadt Hoyerswerda stellte uns daher als weitere
Datengrundlage die CIR-Luftbildauswertung zur weiteren Auswertung zur Verfügung.
Mit dieser Luftbildauswertung gelang es schnell, wichtige Biotope, v.a. in der Elsteraue südlich Hoyerswerda (Grünlandgesellschaften im weiteren Sinne, Gewässerstruktur) und außerhalb des Auenbereiches (z.B. Sandmagerrasen vom Typ Armerio elongatae-Festucetum
trachyphyllae, Feuchtwiesen oder Großseggenriede) abzugrenzen. Diese Flächen wurden dann
vorrangig begangen und kartiert, so daß auch die Konzeption der erforderlichen Pflege- und
Entwicklungsmaßnahmen schneller und somit auf einem frühzeitigeren Projektbearbeitungsstand erfolgen konnte. Dabei werden, neben der eigentlichen Festlegung der zur Erhaltung
oder zur Entwicklung notwendigen Maßnahmen, in Zusammenarbeit mit der Stadt Hoyerswerda die jeweiligen Eigentümer ermittelt, die Anträge für Fördermaßnahmen ausgearbeitet
und bei privaten Flächen die Abstimmung mit den Eigentümern vorbereitet. Gerade die
letztgenannten Punkte bereiten aus unserer Erfahrung nach meistens die größten Schwierigkeiten und verursachen einen hohen Zeitaufwand. Die ersten Gespräche / Verhandlungen mit
Eigentümern über die Durchführung von Maßnahmen beginnen derzeit.
In weiteren Bearbeitungsschritten ist die digitale Umsetzung der CIR-Luftbildauswertung
beabsichtigt. Darauf basierend kann eine die Koppelung dieser Daten mit den von uns vor Ort
erhobenen Daten erfolgen. Es besteht somit die Möglichkeit, über ein geographisches Informationssystem die Daten in ein Datenbanksystem einzubringen und für andere Planungen
(z.B. Landschaftsplanung) oder Auswertungen (z.B. Biotopkartierungen) zur Verfügung zu
stellen.
3.4 Vorteile und Nachteile der Luftbildauswertung am Beispiel des Biotopmanagementplanes Hoyerswerda
3.4.1 Vorteile
Die Luftbildauswertung vereinfacht im Rahmen des Biotopmanagementplanes die flächendeckende Bearbeitung der Landschaftsräumen aus mehreren Gründen erheblich.
Abgrenzung der Biotoptypen
Als erstes ist die vereinfachte Abgrenzung der Biotoptypen anzusprechen, welche bei unzureichender Kartengrundlage (fehlende oder unscharfe Nutzungsgrenzen) die Arbeit im
Gelände erleichtert, da mehr auf den konkreten Zustand und das Arteninventar und weniger
auf die genaue Abgrenzung der Biotope geachtet werden muß, die letztendlich ohne geodätische Einmessung immer ungenau bleibt. Die Übertragung der Abgrenzungen erfolgt dann im
Vorfeld oder nach der Begehung anhand der CIR-Luftbildauswertung.
Konzentrierung der Kartierung auf seltene und gefährdete Biotoptypen
Bei einer vorherigen Auswertung der Luftbilder kann die Kartierung von intensiv land- und
forstwirtschaftlich genutzten Flächen unter der Voraussetzung gleichartiger naturräumlicher
Gegebenheiten auf stichprobenartige Erhebungen reduziert werden. Dies ermöglicht die
zeitlich aufwendigere Kartierung der seltenen, gefährdeten und geschützten Biotope, soweit
für diese noch keine anderen Daten vorliegen.
Planerische Umsetzung
Die Luftbildauswertung liefert schnelle Ergebnisse, die für andere raumbedeutsame Planungen (Flächennutzungs- und Bebauungspläne, Straßenbau etc.) eine wichtige Datengrundlage
sind. Mögliche Konfliktsituationen zwischen den Belangen von Natur und Landschaft und
anderen Belangen können schneller und frühzeitiger erkannt und damit planungsrelevant
berücksichtigt oder zumindest in die Abwägung eingebracht werden.
3.4.2 Nachteile
Jede Luftbildauswertung hat auch ihre Nachteile, die auch im Rahmen dieses Projektes
auftreten. Sie betreffen v.a. den engeren Arten- und Biotopschutz. Diese seien konkret an
einigen Beispiele erläutert.
Doldiges Winterlieb (Chimaphila umbellata)
Das Doldige Winterlieb (Chimaphila umbellata) ist eine der Kennarten des subkontinentalen
Winterlieb-Waldkiefern-Steppenwaldes (Pyrolo-Pinetum sylvestris; Seibert 1988). Diese Art
bevorzugt damit den basenarmen, trockenen Flügel der Kiefernwälder. Das Hauptareal von
Chimaphila umbellata erstreckt sich über ganz Deutschland mit Ausnahme der nordwestdeutschen Tiefebene und dem äußersten Südwesten. Im vorigen Jahrhundert war sie im östlichen
Teil Deutschlands mit Sicherheit nicht selten und konnte vielerorts sogar an Häufigkeit
zunehmen, da sie durch Kiefernaufforstungen gefördert wurde. Dieser Phase der relativen
Ausbreitung folgte ein sehr starker Rückgang nach dem Zweiten Weltkrieg, der besonders die
Bestände im Westen Deutschlands bis auf wenige Vorkommen zusammenschrumpfen ließ. In
Brandenburg war die Art bis in die 80er Jahre in ausreichend großen Beständen mit einer
Vielzahl von Fundorten vertreten. Verbreitungsschwerpunkt war das nördliche Sachsen und
das südliche Brandenburg bis etwa in Höhe Berlins. Dies führte in Brandenburg in der Roten
Liste von 1978 (Rauschert et al. 1978) zu einer Einstufung als ungefährdete Art. Mittlerweile hat sich auch hier die Situation geändert; Chimaphila umbellata befindet sich in sehr
starkem Rückgang. In der zur Zeit in Bearbeitung befindlichen Roten Liste Brandenburgs
wird das Doldige Winterlieb als stark gefährdet eingestuft werden. Für die Bundesrepublik
Deutschland wird sie in der aktualisierten Fassung der Roten Liste als "vom Aussterben
bedroht" eingestuft (Bundesamt für Naturschutz 1996). Chimaphila umbellata ist als
Mykorrhizapflanze in besonderem Maße indirekten Einwirkungen durch Luftverschmutzung
ausgesetzt. Ihre wintergrünen Blätter sind zudem ähnlich wie die Nadelbäume besonders
anfällig gegen Schwefeldioxid. Mykorrhizapilze lassen bei erhöhtem Stickstoffeintrag im
Wachstum nach. Zudem fördert der Stickstoffeintrag konkurrenzkräftigere Arten. Der starke
Rückgang des Winterliebs ist nur über die Koppelung dieser beiden einwirkenden Faktoren
zu erklären. Da die Einwirkungen indirekter Natur sind und zudem kurzfristig nicht beeinflußbar sind, bleibt zur Sicherung dieser Art nur der konsequente Schutz der noch vorhandenen Populationen. Diese Art ist auch in den benachbarten Staaten im Rückgang begriffen und
muß europaweit als stark gefährdet eingestuft werden (Angaben nach Schnittler 1993).
In Hoyerswerda konnten bisher konkret drei Populationen des Doldigen Winterliebs nachgewiesen werden. Sie liegen der Ökologie dieser Art entsprechend in mittelalten und älteren
Kiefernwäldern bzw. Kiefernforsten. Einer dieser Bestände ist von seiner Struktur als typische mittelalte Aufforstung zu charakterisieren, der unter gewöhnlichen Bewertungskriterien
als nicht besonders erhaltenswürdig einzustufen wäre. Derartige Waldbestände sind insgesamt
aus ökologischer Sicht sehr hochwertig. Ihr Erhalt und eine, wenn erforderlich, schonende
Weiterentwicklung durch Lenkung der forstwirtschaftliche Maßnahmen ist somit ein vordringliches Artenschutzziel.
Bei einer reinen Luftbildinterpretation ohne örtliche Nachkartierungen werden die naturnahen
Kiefernwälder mit Birke und Trauben-Eiche zwar erfaßt, die Kiefernforste hingegen als
Forstgesellschaften berücksichtigt. Die Naturnähe dieser Bestände wird meist nicht weiter
aufgeschlüsselt. Inwieweit die Kiefernforste als "Sekundärbiotope" Vorkommen des Doldigen
Winterliebs enthalten, bleibt unberücksichtigt. Die evtl. vorhandene Bedeutung einzelner
Kiefernforste wird somit nicht ermittelt und kann planerisch nicht umgesetzt werden.
Biotopkomplex am Beispiel des Kleinen Waldportiers und des Eisenfarbigen Samtfalters (Hipparchia alcyone und H. statilinus)
Die beiden genannten Falterarten sind ebenfalls typische Arten trockener Kiefernwälder, wo sich die Raupen oligophag von verschiedenen Gräsern ernähren. Beide Arten sind hochgradig gefährdet (BRD: "vom Aussterben bedroht", Sachsen: "vom Aussterben bedroht bzw. stark gefährdet"; Pretscher 1984; Gelbrecht et al. 1992, Reinhardt et al. 1991), wobei die ökologischen Ansprüche und ihre Rückgangsursachen im einzelnen noch nicht vollständig geklärt sind.
In Hoyerswerda konnten mehrere Populationen dieser Arten nachgewiesen werden. Auffallend dabei ist, daß die Tiere sich als Imagines nicht innerhalb der Kiefernbestände aufhalten, sondern Waldblößen, Waldränder und Kahlschläge aufsuchen, um evtl. Temperaturregulation oder Partnersuche vorzunehmen. Nahrungsaufnahmen konnten aktuell nicht belegt werden. Insbesondere ein Gebiet östlich von Hoyerswerda fiel durch enorm große Populationen dieser Arten auf. Dabei liegen die Aufenthaltsorte der Imagines auf einer großen Kahlschlagfläche mit kleinflächigen Silbergrasfluren, Landreitgras-Beständen sowie typischen Kahlschlagarten, die direkt an einen größeren Kiefernforst angrenzt. Es findet also ein klassischer Biotopwechsel statt.
Selbst wenn bei einer Luftbildauswertung und spezieller floristischer Nachkartierung der
Kiefernforst/Kiefernwald als wertvoll und erhaltenswert eingestuft wird, kann der Biotopkomplex zwischen Wald und Kahlschlag in seiner Gesamtfunktion für die Falter nicht erfaßt
werden. Kahlschläge gehören zu den forstüblichen Biotoptypen und werden in keinem
Bundesland als erhaltenswert eingestuft. In diesem Fall ist daher für die Gesamtabschätzung
der ökologischen Bedeutung des Raumes und für entsprechende Naturschutzmaßnahmen eine
zoologische Kartierung erforderlich.
4 Zusammenfassung
Die Luftbildkartierung und Auswertung ist ein wichtiges Instrument, um schnell planungsrelevante Landschaftsdaten zu erhalten. Dies ist vor allem bei einer schnellen Entwicklung
von Infrastruktur und Wirtschaft mit dem entsprechenden Flächenverbrauch unabdingbar. Sie
liefert zudem bei einer kartographisch unbefriedigenden Situation die für konkrete Maßnahmen notwendigen Abgrenzungen. Insofern ist ihre Bedeutung als naturschutzorientiertes
Instrument sehr hoch einzuschätzen.
Die Luftbildauswertung kann dennoch eine Biotopkartierung mit örtlichen Begehungen nicht
ersetzen. Sie kann eine Datengrundlage für eine selektive Biotopkartierung liefern. Nachteile
bringt die Luftbildinterpretation v.a. bei Biotoptypen mit sich, die planerisch und naturschutzorientiert primär weniger von Interesse sind. Als Beispiele wurden aus Hoyerswerda die
Kiefernforste und benachbarte Kahlschläge angeführt. Es besteht sogar konkret die Gefahr,
daß bei einer selektiven Auswahl der ökologisch bedeutsamen, zu kartierenden und zu
schützenden Biotope Vorkommen von seltenen und teilweise hochgradig gefährdeten Arten
übersehen werden und sich für diese Arten keine Erhaltungskonzepte entwickeln lassen. Aus
unserer Erfahrung ist eine speziellere Kartierung durch örtliche Begehungen als zweiter
Schritt nach der Luftbildinterpretation für den Aufbau von Landschaftsinformationssystemen
erforderlich.
5 Literatur
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Nowak, E.; Trautmann, W. & H. Sukopp (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten Tiere und
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Greven.
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